Neuregelungen beim Statusfeststellungsverfahren zum 1.4.2022

Veröffentlichung: Februar, 2022


Mit dem Statusfeststellungsverfahren in der Sozialversicherung können sich die Beteiligten eines Auftragsverhältnisses frühzeitig Klarheit über den Erwerbsstatus verschaffen. Zuständig für die Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens ist die Clearingstelle bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Mit diesem Verfahren können die Beteiligten eines Auftragsverhältnisses rechtlich verbindlich feststellen lassen, ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt.
Das Feststellungsverfahren wird durch die folgenden Reformbausteine weiterentwickelt:
 
  1. Die Einführung einer Prognoseentscheidung ermöglicht die Feststellung des Erwerbsstatus schon vor der Aufnahme der Tätigkeit und damit frühzeitiger als bisher.
  2. Anstelle der Versicherungspflicht wird künftig der Erwerbsstatus festgestellt.
  3. Es wird eine Gruppenfeststellung für gleiche Vertragsverhältnisse ermöglicht.
  4. Zukünftig können bestimmte Dreieckskonstellationen geprüft werden.
  5. Im Widerspruchsverfahren ist eine mündliche Anhörung möglich.
Antragsformulare zur Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens sind auf den Internetseiten der Deutschen Rentenversicherung Bund (www.deutsche-rentenversicherung.de - Suchbegriff: Formularpaket Statusfeststellung) aufrufbar.

Bitte beachten Sie! Für bestimmte Personengruppen ist das Statusfeststellungsverfahren zwingend durchzuführen. Handelt es sich bei angemeldeten Beschäftigten um den Ehegatten, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder um einen geschäftsführenden GmbH-Gesellschafter, hat die Einzugsstelle einen Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus zu stellen.
 
Mietzahlungspflicht bei corona-bedingter Geschäftsschließung

Der Bundesgerichtshof hat am 12.1.2022 entschieden, dass im Fall einer Geschäftsschließung, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erfolgt, grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt. Die vertragsschließenden Parteien erwarten, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert wird.

In dem entschiedenen Fall wurde diese Erwartung der Parteien dadurch schwerwiegend gestört, dass die Mieterin aufgrund der zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19.3.2020 bis einschließlich 19.4.2020 schließen musste.

Bitte beachten Sie! Die Richter betonten jedoch, dass dies nicht bedeutet, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Pauschal kann nicht von einer Störung der Geschäftsgrundlage ausgegangen werden, sodass jeder Fall einzeln betrachtet und beurteilt werden muss.

Kündigung einer angemieteten Location wegen Corona

Eine angemietete Location für eine geplante Hochzeitsfeier kann gekündigt werden, wenn die Feier wegen Corona nicht durchführbar ist. Der Mieter muss aber, nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 2.12.2021 einen angemessenen Ausgleich zahlen.

In dem entschiedenen Fall hatte ein Paar vor Beginn der Corona-Pandemie ein Schloss für seine Hochzeit im August 2020 gemietet. Geplant war eine Feier mit bis zu 120 Personen. Der Mietpreis betrug netto 5.000 € zuzüglich weiterer Kosten. Aufgrund der dann geltenden Corona-Verordnung waren Hochzeitsfeiern aber nur noch mit höchstens 50 Personen zulässig. Im Juli 2020 erklärte das Paar, seine Hochzeit nicht in dem Schloss zu feiern. Der Vermieter verlangte die vereinbarte Miete.

Auch wenn der Mietvertrag streng genommen trotz der damals geltenden Corona-Verordnung hätte durchgeführt werden können, war dies dem Paar nicht zumutbar. Die Durchführung einer Hochzeitsveranstaltung stellt sich aus Sicht der Heiratenden als ein ganz besonderes einmaliges Ereignis dar, welches nicht ohne Weiteres verlegbar ist. Deshalb entfiel die sog. Geschäftsgrundlage für den Mietvertrag und das Paar konnte nach Auffassung des OLG wirksam kündigen. Nach richterlichem Ermessen steht dem Vermieter hier aber eine Ausgleichszahlung in Höhe von insgesamt 2.000 € zu.

Betriebsschließungsversicherung nach Aufnahme des Corona-Virus
in das Infektionsschutzgesetz


Bereits am 1.7.2021 hatte das Oberlandesgericht Celle (OLG) entschieden, dass solche Versicherungen keinen Schutz bieten, wenn Betriebsschließungen nur im Zusammenhang mit abschließend aufgezählten Krankheitserregern versichert sind, das Corona-Virus in dieser Aufzählung aber nicht enthalten ist.

Was gilt aber, wenn die Versicherungsbedingungen selbst keine solche ausdrückliche Aufzählung enthalten? Sind sie so formuliert, dass Versicherungsschutz gewährt wird, „wenn die zuständige Behörde aufgrund einer im Infektionsgesetz namentlich genannten Krankheit (...) den versicherten Betrieb (...) ganz oder teilweise schließt, so liegt hierin nach Auffassung der OLG-Richter eine sog. dynamische Verweisung. Es sind dann alle behördlichen Betriebsschließungen versichert, die zum Schutz vor denjenigen Krankheiten oder Krankheitserregern erfolgen, die zum Zeitpunkt der Anordnung im Infektionsgesetz ausdrücklich genannt sind.

In dem zu entscheidenden Fall betrieb die Versicherungsnehmerin ein Hotel in Hameln. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden Übernachtungen zu touristischen Zwecken einmal durch eine sog. Allgemeinverfügung des Landkreises vom 18.3.2020 und zum anderen durch eine Verordnung des Landes Niedersachsen vom 30.10.2020 untersagt.

Im Hinblick auf die erste Betriebsunterbrechung hatte das Hotel keinen Anspruch, da zum Zeitpunkt der Verfügung weder COVID-19 als Krankheit noch SARS-CoV bzw. SARS-CoV-2 als Krankheitserreger im Infektionsschutzgesetz aufgeführt waren. Im Hinblick auf die zweite Betriebsunterbrechung stellten die Richter demgegenüber den Anspruch auf Versicherungsschutz dem Grunde nach fest.

Die Richter des Oberlandesgerichts in Rostock kamen am 14.12.2021 ebenfalls zu der Entscheidung, dass der Versicherungsfall einer Betriebsschließungsversicherung – die auf das Infektionsschutzgesetz Bezug nimmt – nur für die dort abschließend aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger eintritt.

Alle Urteile sind nicht rechtskräftig und die Revision zum Bundesgerichtshof ist eröffnet.

Auszahlung von Corona-Gutscheinen seit 1.1.2022

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr aufgrund der Coronakrise beschlossen, dass Veranstalter Gutscheine ausstellen können, anstatt die Ticketpreise zurückzuzahlen. Dieses gilt für abgesagte Veranstaltungen (z. B. Konzerte, Festivals, Theatervorstellungen, Lesungen, Filmvorführungen oder Sportwettkämpfe), wenn die Karten/Tickets vor dem 8.3.2020 erworben wurden. Ebenfalls dazu zählen Eintrittskarten für Museen, Freizeitparks, Schwimmbäder sowie Abos für Sportstudios oder Dauerkarten für Stadien.

Seit dem 1.1.2022 kann die Auszahlung des Betrages verlangt werden. Innerhalb von 3 Jahren verjähren die Rückzahlungsansprüche aus abgesagten Veranstaltungen. Ansprüche aus Veranstaltungen, die in 2020 wegen des Corona-Virus abgesagt wurden, können also bis zum 31.12.2023 und Ansprüche aus in 2021 abgesagten Veranstaltungen bis zum 31.12.2024 geltend gemacht werden.

Flugpreisangabe im Internet ohne Sonderrabatte

Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) hat in seinem Urteil vom 24.9.2021 entschieden, dass es untersagt ist, auf der Buchungsseite Flugpreise anzugeben, die einen Rabatt für die Zahlung mit einer kaum verbreiteten Kreditkarte enthalten. In dem entschiedenen Fall bekamen die Kunden nach der Eingabe der Reisedaten eine Übersicht mit Flugangeboten angezeigt. Das Portal gab z. B. für einen Flug von Berlin nach Palma de Mallorca einen Preis von 53,83 € „bei Zahlung mit billgflug.de Mastercard GOLD“ an. Laut Sternchenhinweis war darin ein Rabatt von 14,99 € für den Einsatz dieser speziellen Karte eingerechnet. Für Kunden, die mit einer gängigen Kreditkarte oder per Lastschrift zahlten, verteuerte sich der zunächst genannte Preis um 14,99 € – im Beispiel also fast 30 %.

Nach einer europäischen Richtlinie müssen Anbieter schon am Anfang der Buchung den korrekten Endpreis nennen. Dieser muss alle Steuern, Gebühren und sonstige Kosten enthalten, die vorhersehbar und unvermeidbar sind. Die Richter des OLG entschieden, dass die meisten Kunden das o.g. Angebot nicht wahrnehmen können. Die Preisangabe verstößt daher gegen die Pflicht zur Angabe des Endpreises.

Betriebliche Altersversorgung - Auslegung einer Versorgungsordnung

Eine Versorgungsregelung in einer Betriebsvereinbarung, wonach eine Witwen-/Witwerrente entfällt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Anwärters geschieden ist oder wenn sie erst nach Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde, schließt eine Witwen-/Witwerrente nicht aus, wenn die Ehe zwar nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, aber vor dem Beginn des Altersrentenbezugs geschlossen wurde.

Versorgungsregelungen, die eine Hinterbliebenenversorgung ausschließen oder beschränken sollen, sind hinreichend klar zu fassen. Enthalten die Versorgungsbestimmungen ausdrückliche Ausschlusstatbestände, nicht jedoch für den Fall, dass die Ehe nach dem vorzeitigen Ausscheiden, aber vor dem Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde, kann insoweit kein Ausschluss angenommen werden.

Kündigung eines Mietvertrages wegen Lärm

In einem vom Bundesgerichtshof am 22.6.2021 entschiedenen Fall sprach ein Vermieter einem Mieter im Sommer 2017 eine ordentliche Kündigung und im September 2017 eine fristlose Kündigung aus. Er begründete diese mit Ruhestörung und Lärmbelästigung, da Nachbarn über lautes Schreien, Stampfen, Rücken von Möbeln berichteten.

Grundsätzlich kann ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt werden. Ein solcher Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Auch die nachhaltige Störung des Hausfriedens kann einen solchen wichtigen Grund darstellen.

Für die Begründung genügt ein Lärmprotokoll aus dem sich der Zeitpunkt, die Art, die Intensität, die Dauer und die Häufigkeit der Störungen ergibt. Zur Ursache des Lärms bzw. der Person des Verursachers müssen keine Angaben gemacht werden.

Weg vom Bett ins Homeoffice ist gesetzlich unfallversichert

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte am 8.12.2021 zu entscheiden, ob der Weg vom Schlaf- zum Arbeitszimmer der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt. Im entschiedenen Fall befand sich ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefer gelegene häusliche Büro. Üblicherweise beginnt er dort unmittelbar zu arbeiten, ohne vorher zu frühstücken. Beim Beschreiten der die Räume verbindenden Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel. Die Berufsgenossenschaft lehnte Leistungen aus Anlass des Unfalls ab. Die BSG-Richter entschieden, dass ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt ist.

„Düsseldorfer Tabelle“ ab dem 1.1.2022

Die von dem Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegebene „Düsseldorfer Tabelle“ ist zum 1.1.2022 geändert worden. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder sowie die Erweiterung der Tabelle bis zu einer Einkommensgrenze von 11.000 €.

Zum 1.1.2022 wurden die Regelsätze angepasst und betragen nun bei einem Nettoeinkommen des/der Unterhaltspflichtigen bis 1.900 €:

• 396 € für Kinder von 0 – 5 Jahren,
• 455 € für Kinder von 6 – 11 Jahren,
• 533 € für Kinder von 12 – 17 Jahren und
• 569 € für Kinder ab 18 Jahren.

Die Sätze steigen mit höherem Einkommen um bestimmte Prozentsätze.

Die gesamte Tabelle befindet sich auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter https://www.olg-duesseldorf.nrw.de – Schnellzugriff – Düsseldorfer Tabelle.

 

Infobrief Februar 2022 als PDF zum Download!

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